CEO-Duell: Medienstar und Erfolgsmanager

Wenn Frank Thelen ein Restaurant betritt, schnellen die Selfie-Kameras in die Höhe. Manchmal kreischen sogar Fans. Commerzbank-CEO Manfred Knof ist hingegen fast unbekannt. Er wirkt in der Öffentlichkeit oft hölzern. Wie sind ihre Kommunikationsstile zu bewerten?



Frank beschreibt sich so: „Ich bin Seriengründer und Tech-Investor aus Bonn und bekannt aus der TV-Show ‚Die Höhle der Löwen‘. Seit 1994 gründe und leite ich technologie- und design-getriebene Unternehmen.“ So steht es in seinem Linkedin-Profil. Fast alle, die über ihn sprechen, benutzen nur seinen Vornamen. Fast alle in Deutschland haben sein Gesicht inzwischen so oft in den Medien gesehen, dass man leicht das Gefühl hat, ihn ziemlich gut zu kennen. Frank Thelen, der Start-up-Investor, der Digitalerklärer, Buchautor, Talkshowgast und seit einem Jahr auch Fonds-Gründer.

Thelen ist unumstritten einer der sichtbarsten und bekanntesten deutschen Unternehmer und Manager. Hunderttausende folgen ihm auf seinen Social-Media-Kanälen, auf denen er inzwischen auch Werbung für Smartphones und elektrische Surfbretter macht. Frank Thelen ist der Prototyp des Business-Influencers und hat aus seiner Bekanntheit ein Geschäftsmodell gemacht.

Die Geschichte von Frank Thelen beginnt wie jede gute Heldengeschichte mit einer Krise. Thelen stammt aus einfachen Verhältnissen. Auf der Realschule kam er in Kontakt mit Computern und Informatik und war sofort fasziniert von den Möglichkeiten. Nach dem Fachabitur begann er zunächst mit einem Informatikstudium, das er später abbrach, um sein erstes Unternehmen zu gründen. 1997 erhielt er 1,4 Millionen Mark Wagniskapital für sein Unternehmen Twisd AG, das Linux-basierte Router herstellte.

Doch als Twisd 1999 den Börsengang vorbereitete, platzte die Dotcom-Blase und das Unternehmen musste Insolvenz anmelden. Thelen war Mitte 20, wohnte noch bei seinen Eltern und hatte eine Million Mark Schulden. Er erzählt selbst, dass er damals häufig Nasenbluten bekam, dass die Mutter einen Nervenzusammenbruch erlitt, als sie den Brief der Bank öffnete. Doch irgendwie gelang ihm der Neustart und die Gründung der digitalen Fotoplattform ip.labs, die er 2008 für einen zweistelligen Millionenbetrag an Fujifilm verkaufte. Seitdem hat Thelen immer neue Unternehmen gegründet und in zahllose weitere investiert. Doch anders als die großen Venture-Capital-Firmen investiert Thelen sein eigenes Kapital. „Er ist so etwas wie der Familienunternehmer unter Deutschlands Tech-Investoren“, schrieb Nikolaus Röttger einmal in einem Porträt im Magazin „Wired“.

Manfred Knof beschränkt sich fast ausschließlich auf das Geschäft. Foto: Commerzbank

Auch Manfred Knof stammt aus dem Rheinland, aus Köln, wo er ebenfalls in bescheidenen Verhältnissen aufwuchs. Doch das sind die einzigen Parallelen zu Frank Thelen. Der Vater war einfacher Angestellter, der wenige Tage vor dem Mauerbau aus der DDR geflohen war. Die Mutter war Verkäuferin in einem Buchladen. Sie floh in den Fünfzigerjahren aus Russland in den Westen. Die Familie wohnte im Kölner Westen in einer bescheidenen Wohnung ohne Zentralheizung und ohne eigenes Badezimmer. Doch anders als Thelen, aber wie viele CEOs spricht Knof so gut wie nie über seine Vergangenheit oder seine Familie. Nach seinem Jura-Studium mit anschließender Promotion ging Knof zum Allianz-Konzern und arbeitete zunächst als Assistent des Vorstands bei einer amerikanischen Tochtergesellschaft. Stufe um Stufe kletterte er auf der Karriereleiter nach oben und brachte es schließlich zum Deutschland-Chef der Allianz, einem Level unter dem Vorstand. 2017 verlässt er die Allianz nach einem verlorenen Machtkampf mit CEO Oliver Bäte und wechselt später als Leiter des Privatkundengeschäfts zur Deutschen Bank.

Wie ist ihr Bild in der Öffentlichkeit?

Der Name Manfred Knof dürfte nur absoluten Brancheninsidern ein Begriff gewesen sein, als am Samstag, 26. September 2020, bekannt wird, dass er zum Jahreswechsel neuer CEO der Commerzbank werden soll. Doch in der Finanzszene galt Knof als pflichtbewusster und erfahrener Sanierer ohne große Allüren, einer, der planen und umsetzen kann. Genau das brauchte die Commerzbank, die sich nie wirklich von dem Fast-Kollaps während der Finanzkrise von 2008 erholt hatte. Am nächsten Handelstag schnellte der Kurs der Commerzbank-Aktie um fünf Prozent nach oben. Man könnte sagen, dass die Börse die Reputation von Manfred Knof mit 288 Millionen Euro bewertete.

Das öffentliche Bild von Frank Thelen ist schwerer zu beziffern und komplizierter zu beschreiben. Der Investor und Podcast-Host Philipp Klöckner hat Thelen einmal hämisch als „Investor- Darsteller“ bezeichnet. Thelen selbst hat einmal gesagt, dass „die Bevölkerung“ in ihm einen deutschen Elon Musk sehe, während er in der Finanzbranche eher als eine Art Dieter Bohlen betrachtet werde. Das klingt fast ungewohnt selbstkritisch und ehrlich. Doch immer-hin hat er es geschafft, sich in der breiten Öffentlichkeit als Botschafter der Digitalisierung und Fürsprecher der Start-up- Szene zu positionieren – eine Rolle, die in Deutschland lange unbesetzt geblieben war.

Im November 2019 verkündete Thelen nach sechs Jahren den Abschied aus „Die Höhle der Löwen“, der Start-up- Show, die ihn berühmt gemacht hatte. Seine Bekanntheit hat darunter nicht gelitten.

Wer hat die bessere Medienpräsenz?

Thelen lebt von seiner Aufmerksamkeit. Er braucht Fans und Follower, denn sie kaufen die Fertigsuppen und Gewürzmischungen seiner Start-ups. Sie lesen seine Bücher und investieren in seinen Fond 10xDNA, den Thelen im vergangenen Jahr mit gewaltigen Rendite-Versprechen gestartet hat. 514 Presseartikel erwähnten Frank Thelen in den vergangenen zwölf Monaten. Hinzu kommen beachtliche 34.000 Onlineposts. Fast eine halbe Million Menschen folgen ihm auf Linkedin, 324.000 auf Tiktok, 190.000 auf Instagram, 64.000 auf Twitter und immerhin fast 50.000 auf Youtube. Dass der Mensch Frank Thelen die breite Öffentlichkeit tatsächlich interessiert, sieht man auch an seiner Wikipedia-Seite, die im vergangenen Jahr über 232.000 Aufrufe verzeichnete.

Manfred Knof kommt im gleichen Zeitraum nur auf 13.000 Wikipedia-Leser. Auch sein Footprint in den sozialen Medien wirkt mit 8.200 Erwähnungen vergleichsweise bescheiden. Auf Linkedin, Knofs einzigem Social-Media-Account, kommt er auf nicht einmal 5.000 Follower. Nur bei der Zahl der traditionellen Presseerwähnungen schneidet Knof mit 918 Beiträgen besser ab als Thelen.

Doch in der Öffentlichkeit spricht er fast ausschließlich über die Lage seines Unternehmens. Eigene Botschaften sind nicht erkennbar, eine eigene Stimme konnte oder wollte er bislang nicht entwickeln. Er steht jetzt in der ersten Reihe, doch er kommuniziert noch immer wie ein leitender Angestellter.

Wo treten sie auf?

Auch in der realen Welt scheint Thelen nahezu omnipräsent. Er sitzt in Talkshows, nimmt für die FDP an der Bundesversammlung teil, spricht auf Veranstaltungen und Kongressen. Thelen ist überall.

Knof hingegen tut sich schwer mit öffentlichen Auftritten und blieb schon zu seiner Zeit als Privatkundenchef der Deutschen Bank vermeintlichen Pflichtterminen fern, beispielsweise der obligatorischen Karnevalsparty in der Bonner Postbank-Zentrale. Er selbst sagte einmal, dass er nicht der beste Netzwerker sei. Anlass war ein seltener Redeauftritt im Rahmen eines Symposiums der European Business School, wo einer seiner Söhne studiert.

Wer berät sie?

Seit 1. April vergangenen Jahres leitet der erfahrene Finanzkommunikator Sven Korndörffer die Kommunikation der Commerzbank, die dabei unter anderem von FGS Global unterstützt wird, wie das „Manager Magazin“ berichtete. Rund 200 Mitarbeiter arbeiteten einst in der PR-Abteilung der Bank. Doch Knofs Sparprogramm soll die Zahl der Vollzeitstellen deutlich reduzieren.

Seit Anfang Juni leitet Elisa Randelzhofer die Kommunikation zu den Marken Frank Thelen, 10xDNA und Freigeist Capital. Randelzhofer war vorher bei der Agentur Schoesslers, wo sie Erfahrung mit Start-ups und Tech-Firmen sammelte. Auf Tiktok suchte Thelen kürzlich weitere Social-Media-Verstärkung. Die Brand-Designerin Melissa Meister und die Kommunikationsmanagerin Michelle Fritsch vervollständigen das Kommunikationsteam.

Bisherige Hoch- und Tiefpunkte?

Knofs Sanierungskurs scheint zu funktionieren. Trotz schwierigem Umfeld, hohen Zinsen und den nicht absehbaren Folgen des Ukraine-Krieges sieht er sein Unternehmen weiterhin auf Kurs für einen Milliardengewinn. Zum ersten Mal seit vielen Jahren begeistert die Commerzbank-Aktie wieder Anleger und Analysten. Und Knof, so scheint es, wird mit der Rettung der Commerzbank ein Stück Wirtschaftsgeschichte schreiben.

Frank Thelen musste in den vergangenen Monaten gleich eine Reihe von Shitstorms und Tiefschlägen verdauen. Die schlimmsten Folgen dürfte jedoch der Absturz seines Publikumsfonds haben, der seit der Ausgabe im vergangenen September über 40 Prozent an Wert verloren hat. Etliche Medien haben Thelen bereits vorgeworfen, unerfahrene Kleinanleger mit unrealistischen Gewinnversprechungen gelockt zu haben. Auch der Begriff „Scam“ fällt inzwischen immer wieder im Zusammenhang mit Thelen. Und viele fragen sich jetzt: War am Ende alles nur Show?

Der Sieger im CEO-Duell…

... ist Manfred Knof. Seine Kommunikationsmethoden sind zurückhaltend, still, konservativ. Doch die öffentliche Positionierung muss stets den Unternehmenszielen dienen und die Erwartungen der Stakeholder bedienen. Hier war Knof erfolgreich. Thelen scheint seine Geschäftsaktivitäten stärker in den Fokus rücken zu wollen. Er polarisiert selbst in der Start-up-Welt. Allerdings ist das Bild eines rein profitorientierten Investors keines, das in der breiten Öffentlichkeit gut ankommt. Wenn man dann nicht liefert, sowieso nicht.

Janis Vougioukas ist Managing Partner der Kommunikationsberatung KEYNOTE.
Erschienen im Magazin KOM Ausgabe 4/22

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